Post by Lars GebauerPost by Markus ErmertPost by Lars GebauerPost by Markus ErmertPost by Wolf gang P u f f eWieso beziehst du dich nur auf Militärmusik?
Weil sie eine Sonderstellung hat: Die interne Kultur einer spezifischen
Branche, die den Interessen dieser Branche (Kampfkraftstärkung) dient.
Intern?
Ja, intern. Militärmusik ist nicht zB in einer Kulturszene entstanden,
sondern innerhalb der Armeen.
Was für ein Quatsch.
Yo. Wenn man einen von vier Sätzen eines zusammenhängenden Gedankengangs
rausgreift, isoliert verspottet und den Rest ignoriert, kommt immer
zuverlässig Quatsch raus. Gut gemacht, Genosse.
Das ist halt die Methode, bei der heutige Populisten und die
Diktaturfreunde von gestern so wunderbar anschlussfähig sind: Man weiß ja
bereits genau, was man von abweichenden Meinungen zu halten hat. Debatten
dienen nur dazu, diejenigen Bruchstücke ins Fensterweltbild einzuordnen,
die der eigenen Selbstvergewisserung dienen.
Das Ergebnisoffene, Plurale und damit Unsichere, was eine Demokratie
ausmacht, ist deren Verächtern ein Graus.
Post by Lars GebauerJegliche Kultur entsteht zuerst innerhalb ihrer
spezifischen Szene. Erst danach kann sie darüber hinaus auch Strahlkraft
und Wirkung innerhalb der allgemeinen Kultur entfalten.
Bei Militärkultur ist das so. Das zeigt schon jedes Karussell auf einem
Spielplatz.
Wahre Worte, haben nur nichts mit dem zu tun, was ich schrieb.
Post by Lars GebauerPost by Markus ErmertPost by Lars GebauerDie Aufstellung und der Unterhalt stehender Heere und die allgemeine
Wehrpflicht machten aus dem Militär eine Angelegenheit der gesamten
Bevölkerung. Die spezifische Militärkultur wurde damit Teil der
gesamtgesellschaftlichen Kultur.
Militärmusik hat nichts damit zu tun, ob es Wehrpflicht gibt oder nicht.
Read my lips: Die spezifische Militärkultur wurde damit Teil der
gesamtgesellschaftlichen Kultur.
Um trommelnde Soldaten zu imitieren (Bergknappen) oder zu karikieren
(Karneval), musste man nicht dabei gewesen sein.
"Teil der gesellschaftlichen Kultur" wurde Militärmusik durch Auftritte
außerhalb der Kasernen, und Militärmusiker sind ja typischerweise gerade
eben nicht Wehrpflichtige, sondern Berufsmusiksoldaten.
Als die Marschmusik zB in Österreich Anfang/Mitte des 19. jh. salonfähig
wurde, gab es dort noch gar keine Wehrpflicht.
Post by Lars GebauerPost by Markus ErmertAber wenn Du es schon ansprichst: Wehrpflicht und Demokratie stehen in
einem Spannungsverhältnis. Wehrpflicht ist neben der Gefängnisstrafe der
umfassendst mögliche Eingriff in die persönliche Freiheit der Staatsbürger.
In einer Demokratie ist der nur im Rahmen des "ultima ratio"-Prinzips
legitim.
Das wird in vielen Demokratien (also nicht unter den lediglich
Demokratisierenden) völlig anders gesehen. Wenn der politische Wille der
demokratischen Mehrheit zum Unterhalt eines stehendes Heeres vorhanden
ist, dann ergeben sich daraus natürlich Weiterungen. Ob dieser Wille
vorhanden ist, ergibt sich aus den Umständen.
Ich schrieb nichts anderes. In zahlreichen Demokratien wurde die
Wehrpflicht in den 90ern abgeschafft oder ausgesetzt (in den USA schon
vorher), weil sich die Notwendigkeit nicht mehr begründen ließ. Alles in
demokratischen Entscheidungsprozessen und natürlich begleitet von
kontroversen Debatten.
Post by Lars GebauerPost by Markus ErmertPost by Lars GebauerDas galt seinerzeit als Fortschritt. (Was es ja auch ist.) Mithin also
als Teil einer linken Kultur.
Die Wirkung geht potenziell in beide Richtungen. Einerseits zivilisiert die
Wehrpflicht das Militär, das sich nich mehr abschotten kann. Andererseits
militarisiert die Wehrpflicht die Zivilgesellschaft, da Bürger in einem
noch prägungsfähigen Alter unter Zwangs(dienst)bedingungen militärisches
Agieren und Denken einüben müssen.
Was in gebildeteren Kreisen unter vielerlei Aspekten eher als Vorteil
betrachtet wird.
Darüber gibt es unterschiedliche Ansichten unabhängig vom Bildungsgrad.
BTW haben Leute, die autoritäre Führung mögen, im Schnitt keinen höheren,
sondern einen niedrigeren Bildungsgrad. Oft nachgewiesen.
Post by Lars GebauerPost by Markus ErmertDie letztgenannte Wirkungsrichtung halte ich für bedeutender.
Wundert mich jetzt nicht. "Ich will den Spinat nicht essen!" schaffen
schließlich schon die kleinen Kinder.
Lässt tief blicken, individuelle Entscheidungen und Einschätzungen von
Bürgern als Kinderkram abzuwerten. SED halt, die wollte Uneinsichtige auch
wohlwollend erziehen wie Minderjährige.
Post by Lars GebauerPost by Markus ErmertPost by Lars GebauerPost by Markus ErmertDer Staat finanziert oder bezuschusst zig Orchester, Chöre, Ballette,
Opern, Theater usw. Öffentliche Veranstaltungen für die Allgemeinheit,
Kriterium ist vor allem die Qualität der Kultur.
Ich wiederhole mal meine Frage: Welche Kulturkammer bestimmt denn über
die "Qualität einer Kultur"?
Die gleichen Gremien, die auch über die Qualität von Polizeistationen,
Straßen und Ämtern entscheiden.
Die nächste Ermert'sche Groteske.
Du musst nicht immer extra erwähnen, dass jede Demokratie für Dich grotesk
ist.
Post by Lars GebauerSelbstverständlich entscheiden die
nicht über irgendeine Qualität der Kultur.
Sie tun es Jahr für Jahr. Es ist eine demokratische Entscheidung, welche
Art von Kultur man staatlich institutionalisiert und welche nicht.
Dass Opernhäuser, Sinfonieorchester und Militärkapellen staatlich oder
kommunal errichtet und unterhalten werden, Discos, Punkbands und
Malleschlagersänger aber nicht, steht nirgends in Stein gemeißelt, sondern
ist eine bewusste Entscheidung der jeweiligen Gremien. Die zurate gezogenen
Kriterien haben neben der Frage der Zweckmäßigkeit zentral etwas mit Kultur
zu tun.
Post by Lars GebauerPost by Markus ErmertDa gibt es bei der Vergabe von
Finanzmitteln oder der Frage des Aufbaus und Unterhalts von Institutionen
keine prinzipiellen Unterschiede.
Straßen, Brücken, Institutionen, ... unterliegen Frage der
Notwendigkeit.
Vielleicht in der DDR. Staatliche Investitionen, die über Grundbedürfnisse
und Existenzsicherung hinausgehen, sind *immer* Ausfluss von
Abwägungsentscheidungen.
Post by Lars GebauerDiese Fragen entfallen bei Kunst und Kultur durch den
allgemeinen Auftrag zur Förderung.
Es gibt in der Praxis keinen allgemeinen Auftrag, sondern viele spezielle,
die jeder für sich entschieden werden.